Andorra die “Schweiz des Südens” : Niedrige Steuern und effiziente Coronastrategie locken Unternehmer und Vermögende

Anträge auf Wohnsitz verdreifachen sich

Von Lockdown sieht man wenig dieser Tage in Andorra. Der Frühling ist im Anmarsch und es kommen Wochenendtouristen aus dem benachbarten Spanien und Frankreich. Andorra hat Corona seit einigen Monaten gut im Griff. Mit fast 40 % der Bevölkerung geimpft und einem effizienten Gesundheitssystem verzichtet man hier auf einen weiteren Lockdown. Restaurants, Kinos und Einkaufszentren sind geöffnet und sogar die Skipisten waren zumindest teilweise den ganzen Winter operativ.

Der kleine Zwergstaat in den Pyrenäen mit nur 80.000 Einwohner hat es geschafft, sich von den hohen Inzidenzzahlen in Spanien und Frankreich abzukoppeln und das sogar ohne die Grenzen zu schließen. Seit Juni 2020 sind die Grenzen komplett offen und es bestehen weder Einreisebeschränkungen noch Testpflicht. Andorra hat pro Tag zwar durchschnittlich 30 Neuinfektionen. Allerdings nicht mehr als 20 belegte Betten mit COVID Kranken. Seit Ausbruch der Pandemie sind insgesamt 120 Tote zu beklagen.

Der Tourismus leidet auch hier mit einem Rückgang von knapp 85 % des Skitourismus in der vergangenen Saison. Allerdings sieht man entspannt dem Sommer entgegen. 2020 lag die Belegung bei knapp 70 % über den Sommer. Davon kann das benachbarte Spanien nur träumen.

Man sieht reges Leben in den Straßen. Sportwagen fahren vorbei an Luxus Boutiquen und junges Publikum mischt sich mit älteren Herrschaften in dem Einkaufszentrum L’Illa – die Insel.

Die Pandemie, der Boom bei den Börsen und Kryptowährungen haben einen ganz besonderen Effekt in Andorra. Viele vermögende Spanier haben Bedenken, dass die linksradikale Regierung in Madrid möglicherweise nicht nur eine Reichensteuer einführen wird, sondern auch die Vermögenssteuer erheben wird. Manche fürchten sogar, dass in der Post-Corona Wirtschaftspolitik die Pandemiekosten über Zwangsabgaben des Vermögens wohlhabender Einwohner finanziert werden sollen. Laut einer Umfrage bei über 20 Treuhandgesellschaften hat sich die Zahl der spanischen Neuanträge auf einen Wohnsitz in Andorra in den Monaten von Januar bis März mehr als verdreifacht.

Aber auch Engländer und Deutsche tummeln sich unter den Neuankömmlingen. Patrick Müller, Unternehmensberater bei der Kanzlei und Steuerberatung Andorra Solutions, erklärt “Corona hat bei vielen ein Umdenken ausgelöst. Zuhause arbeiten kann man ja auch aus Andorra. Und so kommen viele Freiberufler aus der IT-Branche und Unternehmensberater, die vorher in Mallorca oder Barcelona gearbeitet haben, nun zu uns nach Andorra. Früher ging man in die Schweiz, allerdings liegen die Lebenshaltungskosten bei uns bei einem Drittel.” Ein Unternehmens- und Einkommensteuersatz von nur 5-10 % bringt da zusätzliche Vorteile, bei denen die Schweiz nicht mithalten kann.

Eine Firmengründung in Andorra öffnet das Tor für eine Aufenthaltserlaubnis in Andorra. Vermögende, die mehr als 350.000 EUR in Andorra in Immobilien oder andere Vermögensgegenstände investieren, sind ebenfalls willkommen als sogenannte passive Residenten. Eine geschickte Strategie mit Aufenthalt in Andorra und wirtschaftlichen Interessen kann den steuerlichen Wohnsitz rechtlich absichern.

Herr Meier, der mit richtigem Namen nicht genannt werden will, verfügt seit Kurzem über eine Residenzkarte. Es hat gut zwei Monate gedauert, aber dann ging alles schnell. Noch keine 10 Tage Resident wurde er schon von den Behörden zwecks Impftermin kontaktiert. “Ich war ganz überrascht, aber mit 50 Jahren ist man hier schon an der Reihe. Was will man mehr, niedrige Steuern, ein großartiges Gesundheitssystem und keine Kriminalität. Davon könnte ich in Deutschland nur träumen.”